Mehr als man glaubt – so wirkt Berufskleidung

Studien bestätigen, dass Kleidung Einfluss auf unser Denken und unsere Psyche hat. Da macht auch die Berufskleidung keine Ausnahme. Denn vor allem im Job prägt das eigene Outfit das Selbstwertgefühl und Selbstbild eines Menschen. Im Interview geben Claudia Kuntze-Raschle, Geschäftsführerin des DBL-Vertragswerkes Kuntze & Burgheim GmbH, sowie der Kommunikationstrainer und Coach Bernd Raguse Einblicke in Stellenwert und Wirkung von Berufskleidung.


Herr Raguse, wirkt Berufskleidung?

BR: Aber ja. Vor meinen Augen läuft sogleich ein Film meiner Kleidungsstile in den unterschiedlichen beruflichen Stationen ab. Und ich kann nur bestätigen: Nicht nur durch meine jeweiligen, angepassten oder (bewusst) unangepassten Outfits, sondern auch durch die Erfahrung mit meinen Klienten als Coach und Kommunikationstrainer hat die Berufskleidung definitiv eine Wirkung auf den Träger und sein Umfeld.

Wie stark ist denn die Wirkung in Bezug auf das eigene Selbstbild und das Auftreten? Bitte Beispiele.

BR: Ein Beispiel aus eigener Erfahrung. Als ehemaliger „Banker“ hatte ich viele Jahre das Vergnügen, mein Gefühl beim Tragen meiner Business-Kluft und die erfolgten Reaktionen im Außen auf das Fremdbild zu beobachten. Für mich war der Anzug eine „zweite Haut“ und das abschließende Binden der Krawatte ein „Anker“ für diese Job-Rolle, die mehr oder (eher) weniger mit meinem wahren Ich zu tun hatte. Gang, Haltung, Mimik veränderten sich, das Selbstbewusstseinsbarometer schlug nach oben aus, und ich bekam einen seriöseren „Anstrich“ mit Vertrauensbonus von Arbeitgebern und Kunden.

CKR: Gerne gebe ich dazu auch ein konkretes Beispiel aus Sicht des Mietdienstleisters. Zu unseren Kunden, die wir im Mietservice ausstatten, gehören auch Wachschutzunternehmen. Hier führt ein weißes Hemd mit Einstickung und Anzug oft zu einer viel höheren Akzeptanz, korrektem Auftreten und einer verbesserten Außendarstellung, da die Mitarbeiter durch ihre gehobene Kleidung ein hohes Selbstwertgefühl bekommen. Und dann auch so auftreten.

Gibt es messbare Beweise für die Wirkung?

BR: Es gibt Studien. Den Einfluss auf den Hormonhaushalt untersuchten Wissenschaftler der Yale University. Sie ließen Männer entweder in Anzug, Jogginghose oder Alltagskleidung ein fiktives Geschäft verhandeln. Interessantes Ergebnis: Die Anzugträger waren nicht nur dominanter und erfolgreicher als die anderen, sie hatten auch einen konstant hohen Testosteronspiegel. Dieser Spiegel sinkt beim Verlieren von Wettbewerben – bei den Kandidaten in Jogginghose geschah dies übrigens schon vor dem Ende der Verhandlung.

Dann hatte Karl Lagerfeld also Recht, als er behauptete…

BR: …Menschen in Jogginghosen hätten die Kontrolle über ihr Leben verloren? Das würde ich jetzt nicht behaupten. (lacht)

Es gibt ja nicht nur die beiden Gegensätze Jogginghose und Anzug, sondern gerade im Berufsleben spezifische Kleidung. Haben Sie weitere Beispiele für deren Wirkung?

BR: Nehmen wir als Beispiel den Arztkittel. Laut Studien machen Probanden in Weiß nur halb so viele Konzentrationsfehler wie jene ohne Kittel. Allerdings durften diese nicht glauben, der weiße Kittel sei der eines Malers – sondern eben ein Arztkittel. Heißt: Es kommt weniger auf Schnitt oder Stoff der Kleidung an, sondern auf das, was der Träger damit verbindet. Psychologen nennen das „Social Priming“. Kleider wecken in uns bestimmte Assoziationen und Eigenschaften – eben Macht, Geschlecht, Status.

Frau Kuntze-Raschle, welche Wirkung hat einheitliche Kleidung auf den Träger?

CKR: Vor allem mit einheitlicher Kleidung, also Corporate Fashion, wird auch für die Mitarbeiter visuell das Image, der Anspruch und die Kompetenz des Arbeitgebers zum Ausdruck gebracht. Und so die Wertschätzung der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens erhöht. Die Mitarbeiter grenzen sich damit gleichzeitig von anderen Unternehmen ab und spüren bzw. erhalten einen höheren Stellenwert ihrer Arbeit, Leistung und Position in der Gesellschaft. Und sie können sich dadurch besser mit dem Unternehmen identifizieren, werden zum Mitglied einer Gemeinschaft. Für viele sehr wichtig. Genau das führt in der Regel zu einem Wohlfühlfaktor und höherem Selbstwertgefühl.

BR: Ja, ganz klar: Wir wollen uns zugehörig fühlen und (an)erkannt werden. Da hilft eine berufsstandesgemäße, einheitliche Kleidung natürlich sehr. Zudem wollen und sollen sich Menschen, mit denen wir beruflich zu tun haben, in unserer Nähe wohl und sicher fühlen. Kleidung - und hier vor allem auch Berufskleidung - ist immer auch ein emotionales Thema. Sie verändert dabei nicht nur unsere Wirkung auf andere, sie beeinflusst auch die eigene Leistung.

Ist das der Grund, warum viele Arbeitgeber sich dafür entscheiden, in ihrem Unternehmen einheitliche Kleidung einzuführen? Was steckt dahinter?

CKR: Die Entscheidung für eine Corporate Fashion eines Unternehmens ist eine strategische Selbstdarstellung nach außen und innen. Und das, um die Unternehmensphilosophie zu unterstreichen und zu unterstützen. Ziel ist es, im Kundenverkehr die eigene Kompetenz darzustellen, sowie ein Plus an Wiedererkennung zu erzielen. Und natürlich die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zu stärken.

Für welche Bereiche gilt das denn in der Berufswelt?

CKR: Für fast alle. Beispiel Gastronomie. Ob nun klassische Kochkleidung oder Bluse und Vorbinder für das Servicepersonal - all das fällt in den Bereich Corporate Fashion. Dazu gehört dann auch, die Mitarbeiter in den Unternehmensfarben und mit dem firmeneigenen Logo zu präsentieren. So schlüpft der Mitarbeiter bei Arbeitsantritt dann in seine Aufgabe. Das Zugehörigkeitsgefühl, aber vor allem auch das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen, wächst.

Kann Corporate Fashion auch negativ wirken?

BR: Ein Mensch sollte sich nie verkleidet fühlen und etwas tragen, worin er sich ganz und gar nicht wohl fühlt – auch nicht im Job. Denn auch das würde sicherlich Wirkung zeigen. Sein Auftreten würde unsicher, wenig authentisch werden. Deshalb sind Unternehmer klug beraten, ihre Mitarbeiter in solche Entscheidungsprozesse – also in die Ausstattung mit Corporate Fashion – einzubeziehen. Sie die Kleidung zuvor in der Praxis vielleicht auch Probetragen zu lassen, das ist ja heute möglich. Das wäre mein Rat.

CKR: Ja, das kann ich aus der Praxis nur bestätigen. Wir bieten solche Anproben an. Die Mitarbeiter sollten in der heutigen Zeit in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Die Firma kann das Grunddesign vorgeben. Aber die Feinheiten der Berufskleidung, wie Tragekomfort, farbliche Zusammensetzung, Vorlieben bei Kleidungsstücken, Taschenausstattung sowie Details, die die Kleidung aufwerten bzw. für die Mitarbeiter praktischen Wert haben – all das sollte gemeinsam abgestimmt werden. Ansonsten kann es dazu kommen, dass die Mitarbeiter die Kleidung nicht annehmen oder gar negativ beurteilen. Damit werden all die positiven Auswirkungen und Möglichkeiten der Berufskleidung ins Gegenteil verkehrt - und das wäre doch sehr schade.


  
  

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